Einführung

Frankfurt (O) mit seinen Unternehmen, Institutionen und Bildungseinrichtungen hat sich als Arbeitgeber für die ganze Region bis hin nach Berlin mit ca. 50% Pendlerquote entwickelt.
Insbesondere 22 Landes- und Bundeseinrichtungen, wie z.B. die Landesversicherungsanstalt, die Arbeitsagentur die Polizeidirektion, das Hauptzollamt, die Bundespolizei sind hier konzentriert.
Viele Sozialeinrichtungen bis hin zum Röhn- Klinikum mit über 1.000,00 Beschäftigten haben Ihren Platz in der Stadt.
In der Stadt Frankfurt (O) wurde 1991 die Europa Universität (EUV) gegründet. Mit derzeit 6500 Studierenden in den Fachrichtungen Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Kulturwissenschaften stellt die EUV einen prägenden Standortfaktor für Frankfurt (0) dar. Der Standortschwerpunkt der Universität liegt im Zentrum der Stadt.
Über die Jahre entwickelt sich Frankfurt (O) faktisch immer mehr zum Bestandteil der Metropolenregion Berlin. Viele Studierende und große Teile des Lehrkörpers pendeln seit Jahren täglich zwischen Berlin und Frankfurt (0). Dieses spricht einerseits für die langjährige Qualität der EUV in Forschung und Lehre, andererseits zeigt dieses aber auch Defizite in den Wohnungsangeboten für Studierende in Frankfurt (0) auf.
Dazu wurde 2015 an der EUV im Rahmen eines Masterstudienganges am Lehrstuhl, Schutz europäischer Kulturgüter, Prof. Dr. Paul Zalewski, die Studie: Nachnutzung eines historischen Brauerei-Komplexes für studentisches Wohnen in Frankfurt (O) von den Autoren: Dr. Tanja Bernsau, Friedericke Dinse, Martin Käferstein erstellt. In dieser wird der Bedarf und dessen Struktur mittels Umfragen unter Studierenden umfangreich erfasst und ausgewertet. Zentrumsnahes Wohnen in differenzierten Wohnstrukturen, verknüpft mit Raumangeboten für individuelles Arbeiten und Gruppenarbeiten sowie Räume für Freizeitaktivitäten wurden dabei als bisherige Defizite identifiziert. Diese Studie stellt eine herausragende Basis für die Entwicklung des Projektes dar.
Die benannte Studie bezieht auch studentische Arbeiten der BTU Cottbus-Senftenberg zur Entwicklung von Wohnangeboten am Standort des historischen Brauerei-Komplexes mit ein.

Erste Entwurfskonzepte wurden mit dem zuständigen Ämtern der Stadtverwaltung Frankfurt (O) abgestimmt und die Planungsziele des Bauherrn dabei grundsätzlich bestätigt. Die Stadtverwaltung Frankfurt (O) hat die Übereinstimmung der Planung mit den Entwicklungszielen der Stadt bestätigt.

Standort

Das Quartier des ehemaligen Gewerbehofes an der Gubener Straße! Ferdinandstraße in Frankfurt (O) liegt südlich der ehemaligen Altstadt in der Gubener Vorstadt. Ein Abriss der Nutzungsgeschichte ist Bestandteil der oben benannten Studie. Vor der Mitte des 19.Jahrhunderts wurden in der Gubener Vorstadt freistehende Wohnhäuser errichtet. Bereits wenige Jahrzehnte danach wurde das ehemalige Wohngrundstück mit Garten ab 1875 als Brauereistandort umgebaut. Diese Gewerbeentwicklung war ansonsten in der dicht überbauten Frankfurter Innenstadt nicht möglich. Die Gebäude dieser ehemaligen Brauereinutzung, welche um 1920 zu Gunsten einer Bettfedernherstellung aufgegeben wurden, prägen noch heute die Struktur des Quartiers. Mehrfach um- und angebaut sowie auch aufgestockt stellen die Gebäude der Gewerbenutzung ein zeitgeschichtliches Dokument dar. Insbesondere die beiden ehemaligen Wohnhäuser in der Gubener Straße lassen straßenseitig die aufwendigen Fassadenstrukturen, beginnend aus der Mitte des 19.Jahrhunderts erkennen. Die zwischenzeitlichen Umnutzungen der Wohnhäuser haben keine wesentlichen strukturellen Eingriffe hinterlassen. Zur Mitte des 20.Jahrhunderts wurden der Gewerbehof weitgehend als Abfüllbetrieb für Spirituosen genutzt. Nach 1990 verblieb das Quartier bis heute ohne Nutzung.

Die Verbindung zum Bahnhof verläuft über die Ferdinandstraße zum Stadtzentrum, insbesondere ist es die fußläufige Verbindung für die Studierenden und die Mitarbeiter der Universität zur Viadrina. Dieser hat sich nach Gründung der Universität als tradierte Fußwegebeziehung herausgebildet und verläuft unmittelbar am Standort vorbei. Im angrenzenden Stadtzentrum kreuzen sich am Platz der Republik mehrere Bus- und Straßenbahnlinien. Der Bahnhof Frankfurt (O), mit der Regionalbahnanbindung nach Berlin ist nur wenige hundert Meter entfernt.

Bestand

Der Gewerbehof wird zur besseren Beschreibung der bestehenden und geplanten Gebäude Numerisch gegliedert:
Haus 1 Wohnhaus Gubener Straße 8
Haus 2 Wohnhaus Gubener Straße 9
Haus 3 Darre (Brauereinutzung)
Haus 4 Malzhaus (Brauereinutzung)
Haus 5 Brauhaus (Brauereinutzung)
Haus 6 Funktionsgebäude (Brauereinutzung)
Haus 7 Maschinen-und Kesselhaus mit Schornstein

Planung Städtebau

Der ehemalige Gewerbehof ist durch die bestehende Struktur als Quartier geprägt. Bedingt durch die topgrafischen Bedingungen wird das Gesamtgrundstück in die Ebene Ost und die Ebene West gegliedert. Die Ebene Ost wird der Wohnnutzung vorbehalten. Auf der Ebene West wird eine in Stellplatzanlage mit einer Zufahrt von der Ferdinandstraße geplant. Alle ehemaligen eingeschossigen Nebengebäude und Garagen werden abgetragen. Der Gehölzbestand wird reduziert. Dieser ist von jahrzehntelangem Freiwuchs gekennzeichnet.

Neubau

An der Ferdinandstraße wird angrenzend an das Haus 1 das Haus 8 als 4-geschossiger Neubau errichtet. Zwischen beiden Häusern ist ein Durchgang von der Ferdinandstraße zum Hof (B:5,5 m; H: 6 m) vorgesehen.
Strukturell wird der Quartiershof durch 2 Gebäudewinkel umfasst: Haus 8/1/2 zu Haus 3/4/5/6. Zentrum des Hofes ist das Haus 7, dass für eine gastronomische Nutzung, Freizeit­ nutzungen geplant ist. Die Hoffläche wird in zwei Bereiche gegliedert: A: laut; B: leise. Teil A ist den erdgeschossigen Gemeinschaftsnutzungen in den Häusern 4/5 und 7 zugeordnet und erhält steinerne Oberflächen. Der Teil B ist den Wohnflächen der Häuser 6/8/1/2 zugeordnet. Der Hofflächenteil wird zu großen Teilen, auch unter Nutzung von Gehölzbeständen begrünt. Die Hangkante zwischen dem westlichen und dem östlichen Grundstücksteil soll extensiv als Ruhezonen ausgeführt werden.

Planung Nutzung

Auf dem Standort sollen ganz überwiegend verschiedene Wohnformen in den Gebäuden errichtet werden. Für studentisches Wohnen sind 121 Wohnplätze geplant.

24 EinzeIwohnungen
34 Plätze als 2-er WG
39 Plätze als 3-er WG
24 Plätze als 4-er WG

Diese sind in den Häusern 3/4/5/6/8 geplant.

Zusätzlich sind in den Häusern 1/2 12 Wohnungen geplant.
8x 2-Raum-Wohnungen
4x 3-Raum-Wohnungen

Bedingt durch die geometrischen Beschränkungen der Gebäudebestände, dem Nichtvorhandensein von nutzbaren Treppenanlagen und der Anforderungen des Denkmalschutzes für die Häuser 1/2 werden außenliegende Erschließungsgänge, mit Abstand zu den Fassadenflächen, der Möglichkeit des barrierefreien Höhenausgleiches zwischen gemeinsam erschlossenen Häusern unter Einbeziehung von Aufzugsanlagen angefügt. Dazu wurden bereits Abstimmungen mit dem Brandschutzplaner und der Denkmalschutzbehörde vorgenommen und zustimmend zusammengefasst.
Alle Wohnungen und Wohnplätze werden somit barrierefrei erschlossen.
Die generationsübergreifende Nutzung bzw. Nachnutzung der Wohnflächen ist gewährleistet.
Ab den 2-er WG- Flächen können für 1-und 2-Personenhaushalte auch Wohnungen von Senioren genutzt werden.
Im Haus 8 erhalten alle WG-Einheiten Loggien bzw. Terrassen.
Die Häuser 5/ 6 werden jeweils im Rahmen der Erschließungsgänge geschossweise mit zwei nach Westen ausgerichteten Gemeinschaftsflächen ausgestattet.
Gleiches gilt auch für das Haus 1/2. Für die Häuser 3/4 wird ein innenliegender Erschließungsgang mit einem neuen Treppenhaus und einer Aufzugsanlage errichtet. Dieser verläuft längs der Brandwand zur Grundstücksgrenze. Teile der Wohnflächen haben die alleinige Ausrichtung zum Hof, der an der Nordseite der Häuser angrenzt. Bedingt durch die in Teilen großen oder im Bestand zu kleinen Geschoßhöhen 2,35 m wird der Baukörper in der Lage der Geschoßdecken neu strukturiert.
Im Erdgeschoß der Häuser 4/5 werden Gemeinschaftsräume eingefügt, die für individuelles Studienarbeiten, Gruppenarbeiten und für Freizeitaktivitäten genutzt werden sollen. Gleiches gilt für die Kellergeschosse der beiden Häuser 4/5, die für Freizeitaktivitäten Gemeinschaftsräume vorhalten sollen. Am Haus 5 erhalten die Gemeinschaftsräume an der Westseite der Gebäude auch Terrassenflächen und an der Hanglage eine gestufte Terrasse. Im Haus 7, dem ehemaligen Heizhaus, soll eine gastronomische Einrichtung mit ca. 40 Plätzen und einer zugeordneten Terrasse entstehen. Diese wird den zentralen Ort im Ferdinandshof bestimmen.
Die herausragende Kellerfläche mit den Gewölbedecken und den Granitsäulen unter den Häusern 3/4 soll als Veranstaltungsraum, auch für externe Nutzungen vorbereitet werden.
Für die Häuser 1/2 werden durch den außenliegenden Erschließungsgang keine größeren strukturellen Eingriffe in den Geschoßflächen erforderlich. Das denkmalgeschützte Treppenhaus muß nicht brandschutztechnisch ertüchtigt werden, die Barrierefreiheit wird mit dem Erschließungsgang, einschließlich Aufzug gesichert. Die Geschoßflächen werden in den Raumzuordnungen geteilt, sodass vermietbare Wohnflächen sichergestellt werden. Beide Dachgeschosse werden für Wohnzwecke ausgebaut.

Planung Gestaltung

Das Gestaltkonzept für die Gebäude geht grundsätzlich vom "Weiterbauen" aus. Im Ergebnis sollen die Zeitachsen an den Gebäuden erlebbar werden. Die additive Ergänzung der Häuser 1/2 und 5/6 mit den außenliegenden Erschließungsgängen, in räumlicher Distanz zu den Bestandsfassaden und semitransparenten Brüstungsflächen sollen dieses Ziel untersetzen. Der Kontrast zwischen Stahlbetonfertigteilen und sanierten Putzfassaden steht dazu im Kontext. Das Gestaltkonzept wurde mehreren Ämtern der Stadtverwaltung vorgestellt und von diesen grundsätzlich bestätigt.
Mit dem Neubau des Hauses 8 erfolgt eine räumlich strukturelle Ergänzung des Quartiers. Die Gebäudegestalt nimmt Bezug zu den Gestaltansätzen der Erschließungsflächen.

Der Höhenunterschied von ca. 4 m in der Straßenabwicklung (OK Gelände) nimmt mit dem 4-geschossigen Gebäude Bezug auf die gegenüberliegende Baumasse des Gebäudebestandes.
Die Straßenfassaden der Häuser 1/2 werden mit den Fassadenstrukturen materialgerecht in jeweils monochromer Ausführung saniert.
Bei der Fassade des Hauses 4 wird die Veränderung der Geschossdeckenlagen mit den Fensterlagen in der Fassade sichtbar. Hier werden die bisherigen Bestandsöffnungslagen mittels Putzmarkierungen sichtbar gemacht. Die Fassade soll die Geschichte ihrer Transformation sichtbar machen.
Die Freiflächen des Hofes sind in der Materialität durch unterschiedliche Nutzungsdichten geprägt. Wegebeziehungen, belegte Nutzflächen und Wiesen -und Gehölzflächen markieren diese Strukturunterschiede.

Planung Effizienz

Eine innerstädtische Gewerbebrache in Frankfurt (O) soll, nach Jahren ohne Nutzung, transformiert werden. Wohnen für Studenten stellt die Zielgruppe dar.
Zielgruppenorientierung, flexibel, barrierefrei, energieeffizient und zeiteffizient in der Ausführung sind die markanten Ziele für die Planung und deren Umsetzung im Zuge der Realisierung.

Folgende Teilziele werden mit der Planung bearbeitet und angestrebt:

  • Umnutzung einer innerstädtischen Gewerbebrache an einem exponierten Standort
  • Verkehrsreduzierung durch Einschränkung täglicher Pendlerbewegungen
  • Wechselwirkung auf die Entwicklung der Vielfalt in der Innenstadt
  • Wechselwirkung auf die soziokulturellen Infrastrukturen in Frankfurt (O)
  • Prototyp für zukünftige Angebotsvielfalt im Segment Studentenwohnen
  • Bestandsnutzung als Bestandteil der Energieeffizienz (graue Energie)
  • Energieeffiziente Sanierung
  • Energieffizienter Neubau
  • Energetische Quartiersplanung
  • erhebliche Bauzeitverkürzung
  • flexibles Nachnutzungskonzept
  • Barrierefreiheit Standard ready plus
  • Senkung der Betriebskosten
  • Gemeinschaftsflächen schaffen
  • ökologische Freiraumgestaltung
  • Ausbau der Erdgeschosse für gemeinschaftlich nutzbare Flächen

Mit den Planungsleistungen wurde Schuster Architekten Frankfurt (O) beauftragt.

Helma Schuster
Bernhard Schuster

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